Innovationen aus Weser-Ems

Gesundheit und Pflege

Fokus Mensch

Im Themenfeld „Gesundheit und Pflege sichern“ sieht Weser-Ems unter dem Fokus „Mensch“ folgende Handlungsansätze als besonders bedeutsam an:

1. Medizinisches und Pflegepersonal
Ein Kernproblem auch in Weser-Ems ist der Fachkräftemangel in der Pflege. Es sind weitere innovative Ansätze zur Fachkräftegewinnung und Bindungsstrategien erforderlich. Das beinhaltet auch die Gewinnung von Quereinsteigern und die Weiterentwicklung der Ausbildung.

Ein Grund für den Pflegemangel ist die geringe Attraktivität der Pflegeberufe („Pflegepersonal flüchtet“). Teilweise bestehen extrem hohe Belastungen (physisch und psychisch), eine geringe Planbarkeit, eine schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, schlechte Bezahlung und fehlende Perspektiven. Teilweise bedarf es rechtlicher Änderungen, teilweise können Bedingungen in der Region verbessert werden. Aufgrund der hohen physischen und psychischen Belastung sind hier Modellvorhaben zur Verbesserung der Situation denkbar. Dementsprechend haben die Pflegeberufe ein Image-Problem. Hier sind – in Zusammenhang mit tatsächlichen Verbesserungen – Imagekampagnen denkbar, wie es sie in einigen Modellprojekten bereits gibt.

Der Mangel an Pflegekräften und die schlechten Arbeitsbedingungen sind teilweise auch durch Konfliktfelder im Bereich der Qualifikation begründet. Hier sind Lösungen erforderlich, die nur teilweise auf regionaler Ebene erbracht werden können, z. B. hinsichtlich der Anerkennung von ausländischen Qualifikationen und einer allgemeinen EU-Harmonisierung der Pflegeberufe. Das führt derzeit zu Hemmnissen hinsichtlich Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (Was darf eine Pflegekraft? Was darf sie nicht?). Wenn Leistungen flexibler gestaltet werden können, sind weitere innovative Pflegemodelle für die Region und insbesondere für den ländlichen Raum denkbar.

Der Fachkräftemangel in den Krankenhäusern stellt eine besondere Herausforderung dar. Hier ist eine größere berufliche Spreizung mit mehr Flexibilität bei den Qualifikationen erforderlich. Notwendig ist es, hochqualifizierte Fachkräfte von „einfachen“ Aufgaben zu entlasten. Die Kernfrage daher: Welche Qualifikation wird für welche Tätigkeit benötigt? Bildungslaufbahnen in der Pflege sind derzeit unflexibel und unattraktiv. Weiterqualifizierung von Pflegekräften und durchlässige Bildungsspiralen von der Hilfskraft zum „Spezialversorger“ sollten verstärkt möglich gemacht werden.

Speziell mit Blick auf die „knappe Ressource Arzt“ sind Strategien und innovative Konzepte gegen den Ärztemangel zu entwickeln. Einzelne Modellprojekte werden in der Region bereits umgesetzt, jedoch nur räumlich punktuell. Hier stellt sich für Weser-Ems die Frage, ob der Wettbewerb um Ärzte auf regionaler Ebene besser steuerbar ist. In jedem Fall ist die Entwicklung von Anreizen für Ausbildung und Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs im ländlichen Raum unerlässlich.

2. Patientenbezogene Handlungsansätze
Aus Patientensicht steht die Versorgungssicherheit zunächst im Mittelpunkt. Generell ist die Weiterentwicklung der ärztlichen Versorgung noch stärker aus Patientensicht zu denken.

In diesem Zusammenhang stellen sich nicht zuletzt Fragen nach der Mobilität und Erreichbarkeit. Innovative Lösungen können sowohl auf die Mobilität des Patienten als auch auf die Mobilität des Arztes abzielen, wobei sich Letzteres bisher als weniger erfolgreich erwies.

Eine besondere Herausforderung besteht bei der Pflege spezieller Zielgruppen mit schwierigerem Zugang, zum Beispiel Migranten.

Fokus Innovation

Mit dem Fokus auf „Innovation“ sieht Weser-Ems im Themenfeld „Gesundheit und Pflege sichern“ folgende Handlungsansätze:

3. Schnittstellen und Strukturen
Anzustreben ist ein sektorübergreifender und sachgerechter Ressourceneinsatz (Arzt, Krankenhaus, Rettungssanitäter), auch wegen Überlastungen bei den Notaufnahmen der Krankenhäuser und bei den Rettungsärzten. Eine „Ressourcenallokation“ zu einer Leitstelle („eine Rufnummer“) ist erstrebenswert in Verbindung mit einem standardisierten Verfahren zur Ersteinschätzung der Notaufnahme („Manchester-Triage-
System“; in den Niederlanden bereits umgesetzt).

Es ist ein besseres Schnittstellenmanagement von Gesundheits-/ Patienteninformationen notwendig zwischen ärztlichen, pflegerischen und weiteren Strukturen. Das beinhaltet bessere Datenübertragungen (einheitliche elektronische Schnittstelle). Selbst ein einfacher Datentransfer bereitet heute noch Probleme. Im Datenschutz liegt dabei nur bedingt das Hauptproblem. Generell ist eine Professionalisierung der Patienteninformation anzustreben. Neue digitale Modelle sind hier denkbar, auch in Zusammenhang mit der Gesundheitskarte. Hierfür könnte sich Weser-Ems als Pilotregion eignen. Weser-Ems besitzt in diesem Bereich auch technologisch entsprechende Kompetenzen.

Die Übergänge vom Krankenhaus zur Anschlussversorgung gestalten sich teilweise schwierig, also zur  Rehabilitation oder ambulantem Dienst. Hier bestehen Verbesserungspotenziale beim Entlassungs- und Schnittstellenmanagement.

4. Versorgungseinrichtungen/ -angebote
Hier ist die Entwicklung regionaler ärztlicher Grundzentren eine Option. Der Ansatz „Medizinisches  Versorgungszentren“ (MVZ) sollte an geeigneten Standorten im Verbund mit den Kommunen weiterentwickelt werden.

Innovative Pflege-Modelle können auch in Verbindung mit häuslichen Strukturen und Ehrenamt weiterentwickelt
werden, zum Beispiel in Verbindung mit neuartigen Pflegestrukturen vor Ort.

Telemedizinische Lösungen sollen weiterentwickelt und in der Region umgesetzt werden (zum Beispiel Arzt-Patienten-Systeme mit Pfleger vor Ort und Arzt in der Praxis am Bildschirm). Auch hier ist noch stärker
zu nutzen, dass Weser-Ems eine bundesweite Spitzenstellung im Bereich E-Health hat.

Fokuts Kooperation

Mit dem Fokus auf „Kooperation“ verfolgt Weser-Ems folgende Handlungsansätze:

5. Krankenausentwicklung abstimmen
Trotz weitgehender Eigenverantwortung der Krankenhäuser ist eine stärker regional abgestimmte Krankenhausentwicklung zu prüfen. Mindestens bedarf es mehr Transparenz über die Leistungen der einzelnen Krankenhäuser in Weser-Ems: Welches Krankenhaus bedient welches medizinische Gebiet mit welchen Leistungen? Hier ist der Niedersächsische Krankenhausplan nur bedingt hilfreich.

Es bestehen kontinuierlich Anforderungen an die Infrastrukturentwicklung der Krankenhäuser (Geräte und Gebäude). Es muss sichergestellt sein, dass die Krankenhäuser in der Region mit ihrem jeweiligen Profil den Anforderungen an eine moderne medizinische Versorgung entsprechend dem „Stand der Technik“ gerecht werden. Generell ist eine zunehmende Spezialisierungsnotwendigkeit der Krankenhäuser erkennbar. Hierbei ist eine stärkere regionale Abstimmung sinnvoll im Hinblick auf die Sicherstellung der Daseinsvorsorge (in allen Teilregionen).

6. Endogene Potenziale nutzen
Das Potenzial der European Medical School (EMS) in Oldenburg ist im Sinne regionaler Zusammenarbeit und gemeinsamer innovativer Lösungen, z. B. auch für die Ärztegewinnung im ländlichen Raum, weiter zu entwickeln.
Hier soll der Vorteil der Ausbildung von Ärzten in der Region noch stärker kapitalisiert werden.

Pflegeunternehmen stehen teilweise unter erheblichem Druck zwischen verantwortungsvoller Tätigkeit und wirtschaftlichen Zwängen, die auch auf das Pflegepersonal durchschlagen und die es zu lösen gilt, wenn dringend benötigte Dienste nicht wegbrechen sollen.