Innovationen aus Weser-Ems

Mobilität gewährleisten

Mobilität ist ein Kernelement der Daseinsvorsorge, um Einrichtungen der technischen und sozialen Infrastruktur, Zentren sowie andere Orte und Landesteile erreichen zu können. Ziel ist es, sie allen Menschen in Weser-Ems mit angemessenem Aufwand zu ermöglichen, unabhängig von ihrer Konstitution und ihrem Wohnort, und dabei möglichst emissionsfreie oder -arme Verkehrsträger einzusetzen.

Mobilität im engeren Sinne der Daseinsvorsorge meint dabei die nicht-individuelle Mobilität, also die Wahrnehmung von öffentlichen oder privaten Mobilitätsangeboten. Gleichwohl ist die Sicherstellung eines adäquaten Straßennetzes für den Individualverkehr wesentlich und die besondere Förderung des Fahrradverkehrs ist ein wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge beim Zugang zur Mobilität. Gerade Letzterer kann intelligent mit öffentlichen Verkehrsangeboten verknüpft werden und für eine Entlastung des motorisierten Individualverkehrs sorgen. Insgesamt verfolgt Weser-Ems einen multimodalen Ansatz.

Vor dem Hintergrund der großen Fläche der Region sowie teilräumlich sehr ländlicher Strukturen steht Weser-Ems vor besonderen Mobilitätsherausforderungen. Die Erreichbarkeit bzw. Distanz zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge (Nahversorgung, Fachärzte, Apotheke etc.) und zum nächsten Oberzentrum liegen insgesamt
zwar im niedersächsischen Durchschnitt, weisen jedoch starke räumliche Disparitäten auf. Beispiele:

  • Mit dem Auto muss im überwiegenden Teil der Region durchschnittlich eine Distanz von bis zu 5,5 km zum nächsten Supermarkt oder Discounter zurückgelegt werden, in den Oberzentren sowie im Landkreis Osnabrück liegt die Distanz durchschnittlich bei unter 2,7 km.
  • Die mittlere Entfernung zu Fachärzten liegt im überwiegenden Teil der Region bei mehr als 8,5 km (15 Minuten Fahrzeit und mehr), in den Oberzentren und im Landkreis Ammerland bei weniger als 5,5 km.


In einigen Teilen der Region ist die Erreichbarkeit und Mobilitätsversorgung sehr schlecht, so dass im Prinzip sogar von „ÖPNV-freien Räumen“ gesprochen werden muss. Die „Abfederung“ dieser Situation, vor allem die Versorgung nicht-mobiler Menschen, erfolgt dann nur noch über soziale Beziehungsnetze oder private Dienste.
Diese Situation wird sich im Zuge der sich deutlich abzeichnenden demografischen Entwicklungen verschärfen.

Neue Mobilitätslösungen sind daher umso mehr gefragt. Nicht zuletzt der erwartete hohe Bevölkerungsanteil älterer Menschen wird zu zusätzlichen, angepassten Mobilitätsanforderungen führen. Tendenziell werden in vielen Teilregionen aufgrund der rückläufigen Zahl von Kindern die Schülerverkehre, die i.d.R. die wesentliche wirtschaftliche Stütze des ÖPNV-Linienverkehrs bilden, immer mehr zurückgehen.

Auch eine stärkere Individualisierung von Mobilitätsbedürfnissen (Fahrzwecke, -zeiten, -ziele) macht eine wirtschaftliche Bündelung der ÖPNV-Nachfrage schwieriger. Die Digitalisierung beeinflusst verschiedene Facetten der Mobilitätsnutzung. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Grundstrukturen der Verkehrsnachfrage lässt sich
bislang nicht eindeutig ableiten, auch wenn der zunehmende Online-Handel auch die Verkehre berührt. Die vorhandene Infrastruktur und herkömmliche Einflussfaktoren wie Zeit und Kosten sind und bleiben die maßgeblichen Determinanten von Mobilität. Dennoch werden digitale Entwicklungen relevant für die Daseinsvorsorge im Bereich Mobilität:

  • Daten zu Mobilitätsangeboten verknüpft mit Echtzeitdaten zum jeweiligen Status des Verkehrsmittels ermöglichen gezielte und passgenaue Inanspruchnahme verschiedener Verkehrsmittel in zeitlicher Abfolge; entsprechende Entwicklungen in Weser-Ems stecken noch in den Anfängen.
  • Sensortechnik und Echtzeitdaten unterstützen perspektivisch effizienteres Verkehrsmanagement – insbesondere dann, wenn Fahrzeuge in der Lage sind, miteinander und mit der Infrastruktur Daten auszutauschen. Hierbei können sowohl regionale als auch globale Lösungen und Technologien ins Spiel kommen.
  • Eine Reduzierung von Mobilitätsbedarfen (wegen geringerem Erfordernis physischer Anwesenheit vor Ort durch digitale Möglichkeiten und Angebote) erscheint logisch, es ist aber fraglich, inwieweit diese auf regionaler Ebene tatsächlich möglich und wünschenswert ist.
  • Veränderungen in der Antriebstechnik (z. B. Elektromobilität) erfordern einen Aus- bzw. Umbau von (z. T. digitaler) Infrastruktur; Anstrengungen sind in Weser-Ems gestartet.


Durch die jüngste Novellierung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes (NNVG) bestehen für die Kommunen neue rechtliche und finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten, die es zu nutzen gilt. Vormals zahlte das Land die ÖPNV-Mittel direkt an die Verkehrsunternehmen aus, nun gehen sie an die kommunalen Aufgabenträger, also die Landkreise, die kreisfreien Städte und die Zweckverbände. Damit bestehen dort
verbesserte Möglichkeiten, innovative Mobilitätskonzepte für den ÖPNV vor Ort zu entwickeln und umzusetzen; das gilt es zu nutzen.

Letztendlich bleibt ein leistungsstarker Öffentlicher Personennahverkehr „trotz“ aller zukünftigen innovativen Mobilitätslösungen wesentlich für die regionale und überregionale Erreichbarkeit. Der ÖPNV soll in Weser-Ems weiterhin die Basis der nicht-individuellen Mobilität bilden und die Grundaufgaben erfüllen.

Auch durch die Digitalisierung werden die klassischen Funktionen des öffentlichen Verkehrs nicht verschwinden, wenn Menschen weiterhin „bewegt“ werden wollen. Vielmehr gilt es, den klassischen ÖPNV innovativ weiterzuentwickeln und mit intelligenten Lösungen und Angeboten zu verknüpfen. Keinesfalls ist der ländliche
Raum für den ÖPNV verloren zu geben, im Gegenteil, es bedarf der Verbesserung des Angebots. Angesichts der aktuellen landesweiten Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen und einer unterdurchschnittlichen Berücksichtigung von Weser-Ems in den letzten 20 Jahren hat die Region einen besonderen Nachholbedarf
in der Weiterentwicklung des ÖPNV. Das betrifft sowohl die Versorgung im Nahbereich als auch die Entwicklung eines starken regionalen Grundliniennetzes als Grundgerüst.